Mittwoch, 02.02.2005 | Bahnfahren – nur für Masochisten?

Zwingen die erbärmlichen Zustände des öffentlichen Nahverkehrs in Südtirol auch umweltbewusste Mitbürger dazu, trotz aller Kosten, Gefahren und Fein-staubemissionen wieder ein privates Fahrzeug zu benutzen? Wird derjenige, der sich kein Auto leisten kann oder will bewusst diskriminiert? Wird weiter an Einzelsymptomen gebastelt oder endlich ein umfassendes politisches Ver-kehrskonzept für Südtirol vorgelegt?

Bei den Theateraufführungen im alten Griechenland folgte auf zwei Tragödien immer ein Satyrspiel. Ein Stück, das die von Tragik erschütterten Zuschauer mit Heiterkeit oder Ironie wieder aufmunterte. Wir machen es heute umgekehrt – diesmal zuerst das Satyrspiel. Es handelt sich um die Komödie des Bahnfahrens im öffentlichen Nahverkehr.

Titel des Stücks:
„Ein umweltbewusster Masochist“
Hauptdarsteller:
ein Brixner Bürger, der sich die Berichte über die Feinstaubmengen zu Herzen ge-nommen hat.
Weitere Mitwirkende:
Fahrgäste, Zug- und Bahnhofspersonal, meist wartende Mitreisende, zwei deutsche Damen, Sekretärinnen und eine leitende Mitarbeiterin des Landesrats für Verkehr.
Requisiten:
247 Fahrräder und 62 geparkte PKW, ein VW Golf, Bauj. 1991, das Naturschutzblatt Nr. 4/2004.
Orte:
Bahnhof Brixen, Bahnhof Bozen, Bar des Hotels Laurin, Zugwaggons der FS.

1. Akt

Ein Donnerstag im Januar, 8:00 Uhr morgens.

Nach den Berichten der „Dolomiten“ zu den Feinstaubbelastungen und Fahrverboten beschließt ein Brixner Mitbürger, seine häufigen Fahrten nach Bozen mit der Bahn durchzuführen, sein Auto nur noch für die Fahrt zum Parkplatz am Bahnhof zu be-nutzen und bei schönem Wetter gar das Fahrrad zu nehmen. Heute nieselt es aber. Temperatur um null Grad. Erkundigungen bei der Stadtpolizei Brixen, die in Bozen beim Amt für Verkehr nachfragte und dieses wiederum in Rom, hatten ergeben, dass der 14 Jahre alten Golf des Brixners mit geregeltem Katalysator auch in den Fahr-verbotszeiten benutzt werden darf. Am Bahnhof angelangt beglückwünscht sich un-ser Freund nicht das Fahrrad genommen zu haben. Alle Fahrradständer sind voll oder teilweise mit Mopeds zugestellt. Auch auf jeder freien Stelle um den Bahnhof-platz herum lehnen mehr oder weniger chaotisch zahllose Fahrräder. Auf dem Park-platz sieht es nicht besser aus. Schließlich quetscht er sein Fahrzeug hinter ein La-gerhäuschen in der Hoffnung, dass die FS zum Abschleppen zu träge sein wird. Nun gilt es einen Parkschein zu erwerben. Der Brixner trabt die 500 Meter von seinem Wagen bis zur Schalterhalle, steht dort unruhig am Schalter in der Schlange der War-tenden an, denn die Zeit wird knapp. In aller Ruhe füllt der Schalterbeamte einen Parkschein in der Größe eines Flugbillets aus, sorgfältig setzt er den Preis (2,40 €), das Datum und seine Dienstnummer ein. Dann wird abgestempelt. Zurück zum Auto joggen, den Parkschein sichtbar hinter die Scheibe klemmen, im Dauerlauf zurück, die Treppe heruntergehastet, durch die Unterführung, keuchend die Stufen auf der anderen Seite wieder hinauf auf den schmalen Bahnsteig. Dort stehen etwa hundert-vierunddreißig Wartende im leichten Nieselschauer des kalten Januarmorgens. Kein schützendes Dach. Die meisten schweigen missmutig. Husten. Rote Ohren. Klamme Finger. Dann die krächzende Ansage aus dem Lautsprecher, der Zug verspätet sich. Warum, wie und wo eigentlich wenn er erst in Franzensfeste eingesetzt wurde? Ei-nen Espresso während des Wartens im Warmen? Die Bar ist seit Wochen geschlos-sen. WC? Lieber nicht, wenn man nicht selber Papier, Handtuch und Seife dabei hat. Zeit noch ein Zigarettchen zu rauchen. Da kommt der Zug. Ab mit der Kippe zwi-schen die Geleise und Position an einem vermutlichen Haltepunkt einer Waggontür eingenommen. Mühsam boxen sich die Aussteigenden durch die drängelnden War-tenden. Dann Hinauf und Hinein – wie würde man das wohl mit einem Kinderwagen oder mit Gepäck machen? Es ist gerammelt voll, ein Sitzplatz nicht zu ergattern. Lärmende Schulkinder haben ihre Taschen im Gang gestapelt. Zwischen feuchten Mänteln und Menschengerüchen eingekeilt erreicht der Fahrgast schließlich den Bahnhof Bozen. Dort schiebt sich die Menge schlurfend durch die Pfützen, die sich von der Decke tropfend in der Unterführung gebildet haben. Die Karawane stockt, die Eingangstür ist mit einem der zwei Flügel geschlossen, wenig galante Ellbogenkämp-fe um den Vortritt. Immerhin, wir sind mitten in der Stadt. Nicht auszudenken der Fußmarsch durch den Bozener Boden („Sibirien“) wenn der Bahnhof an den Eisack verlegt würde. Der Reisende aus Brixen begibt sich ins Landhaus gegenüber um seinen Behördengang zu erledigen. Es ist kurz vor 9:00 Uhr.

2. Akt

10:35 Uhr. Unser Brixner verlässt das Landhaus – alles erledigt. Zeit zur Rückfahrt. Der EC Paganini war ausnahmsweise pünktlich und hat den Bozner Bahnhof vor vier Minuten verlassen. Der nächste Zug fährt erst in zwei Stunden. Was tun? Ein Cap-puccino im Bahnhofsrestaurant?. Dessen schönes Hauptportal ist mit einem Geträn-keautomaten verrammelt. Es gibt einen schmuddeligen Nebeneingang in ein wahres Schreckenskabinett aus PVC-Boden, Styropordecke im Waffeldesign, Plastikstühlen und Tischchen mit Resopalplatten in Marmorimitat. Der Fernseher dröhnt ohrenbe-täubend. Nur im ehemaligen Ostblock war es noch ungemütlicher. Die einzigen Gäs-te sind zwei Carabinieri und ein FS-Mann, dessen Nachtzug aus Neapel immer noch nicht eingetroffen ist. Es schneie dort unten, verkündet er, man müsse mit Verspä-tungen rechnen. Resigniert beschließt unser Brixner Mitbürger sich den Tag nicht verderben zu lassen und begibt sich in die schöne Bar des Hotel Laurin. Vielleicht trifft er dort sogar den Landesrat für Verkehr und Transportwesen, der mit dem Direk-tor der Landesagentur für Umweltschutz über den Brennerbasistunnel diskutiert. Einmütig natürlich. Er beschließt, die beiden dann gleich zu einem übergreifenden, ganzheitlichen und ökologischen Verkehrskonzept für den Transitverkehr und den öffentlichen Nahverkehr in Südtirol zu befragen. Aber außer einer älteren Signora im Nerz und zwei sonnenbebrillten Armanianzügen mit großem Hund befindet sich um diese Zeit noch keiner unserer Politiker beim Prosecco. Nachdem er alle Zeitungen durchgeblättert hat vertieft sich unser Brixner in die auf ungebleichtem Öko-Papier herausgegebenen Mitteilungen des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutzes. Und dort liest er alles das, was die einheimische Politik im Bunde mit der FS für den öffentlichen Nahverkehr bisher entweder noch nicht wusste, nicht wissen wollte oder bei bestem Wissen umzusetzen versäumt oder umsetzen zu wollen sich nicht getraut hat.

Intermezzo

Zunächst erfährt unser Brixner Leser aus einem Artikel von Wolfgang Niederhofer, dass in Südtirol jedes Auto über 125 qm Fläche verfügt – über dreimal soviel wie je-der Südtiroler an Wohnfläche. Auf dieser Fläche steigen Jahr für Jahr die gefahrenen Kilometer in immer stärkeren Autos, in denen mit immer mehr Energieverbrauch durchschnittlich 1,3 Personen mit über einer Tonne Blech bewegt werden obwohl jeder wissen müsste, dass das Erdöl einmal zu Ende geht und die Natur die Auspuff-gase nicht verträgt. Einfach mit Schweigen übergangen werden auch die 50 000 Un-falltoten und 5 Millionen Verletzen in der EU. Hauptursache: Geschwindigkeitswahn und Alkohol. Das Auto sei wesentlich an der CO2 –Belastung und der Klimaände-rung beteiligt und der motorisierte Individualverkehr zerstöre Landschaft und Städte mehr als alles andere. Als notwendige Maßnahmen werden deshalb vorgeschlagen:

  • Ausbau des öffentlichen Verkehrs mit der Bahn als Hauptverkehrsmittel.
  • Kostendeckende Beteiligung des Straßenverkehrs auch an den externen Kos-ten durch höhere Benzinpreise und leistungsabhängiger Verkehrsabgabe.
  • Keine neuen Straßenbauprojekte - alle Investitionen in den öffentlichen Nah-verkehr
  • Beendigung der verkehrsverursachenden Zersiedelung und Raumordnungs-planung.

Weiter liest unser Freund in einem Beitrag von Hanspeter Niederkofler, dass der in-dividuelle Straßenverkehr nur verringert werden könne, wenn ein umfassendes An-gebot an öffentlichen Verkehrsmitteln bestehe und dass Südtirol geradezu ideale Voraussetzungen dafür habe. Durch die Lage der Siedlungen überwiegend in Tälern bei fast 800 Einwohnern/ qkm auf den bewohnbaren Flächen bietet sich die Verbin-dung mit der Schiene an. Das ist für einen Service in der Fläche schwierig, wie z.B. in München und Berlin, die dennoch längst einen Verkehrsverbund besitzen. In Süd-tirol ist die lineare Verbindung geradezu naturgegeben. Südtirol ist so gesehen ein städtischer Raum, der sich entlang weniger hundert Kilometer Verkehrsnetz konzent-riert. Leider wird das maximale Fahrgastpotenzial auf dem gesamten Südtiroler Bahnnetz nur zu ca. einem Drittel ausgenutzt. Allein mit organisatorischen Maßnah-men könnte es also gelingen dreimal soviel Fahrgäste wie heute mit der gleichen Ausstattung zu befördern.
Um das zu erreichen müssten die Fahrpläne vertaktet und die Anschlüsse besser vernetzt werden – also Fahrzeiten in festen und kürzeren Abständen (zur vollen, hal-ben oder Viertel-Stunde) sowie mehr Haltestellen an der Peripherie und kleinen Or-ten. Also nach dem System der S-Bahnen im Verkehrsverbund großer Städte, die ihre Investitionen weniger in den Straßenbau als in den Ausbau des öffentlichen Ver-kehrsnetzes gesteckt haben. Hier bestehe für Südtirol erheblicher Nachholbedarf – nicht nur bei der Investition sondern vor allem bei Organisation. Als Ziele gelten:

  • Kürzere, häufigere und regelmäßigere Fahrtzeiten im Taktsystem mit besserer Abstimmung der Anschlüsse.
  • Mindestens halbstündliche Verbindungen zum nächsten Hauptort (Bruneck, Sterzing, Brixen, Bozen, Meran, Mals) mit ebenfalls vertakteten, mind. stündli-chen überregionalen Anschlüssen (nach Trento, Lienz und Innsbruck).
  • Erhöhung der Transportkapazität, Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit.
  • Bessere Flächendeckung durch kürzere Abstände der Haltepunkte.
  • Züge und Waggons im mobileren S-Bahnsystem (schnelles Anfahren, kurzer Bremsweg) – die veralteten Züge der FS sind völlig ungeeignet!
  • Bequeme Mitnahme von Fahrrädern, Kinderwagen, Rollstühlen d.h. entspre-chend Platz in den Waggons und bahnsteigebene Zugänge.
  • Komfortables Bahnhofsangebot mit gedeckten und beheizten Wartemöglich-keiten, gepflegten hygienischen Anlagen, Kiosk, Bar, Einkaufsmöglichkeit rund um die Uhr, ausreichend Parkflächen für Autos, Mofas und Fahrräder, Halte-stellen für Busanschlüsse.

Mit diesen Maßnahmen, so liest der Brixner Mitbürger in der Bar Laurin, könnte die notwendige Mobilität langfristig erhalten werden: effizient - ohne tägliche Blechlawi-nen mit Staus und Zeitverlusten, ökologisch – ohne Luftverpestung, allgegenwärtigen Lärm und unnötiger Energieverschwendung, ökonomisch – weil wesentlich preis-günstiger für den privaten Haushalt, der sich das oder die Autos sparen könnte und für die Öffentlichkeit, die nicht für die externen Kosten des Individualverkehrs auf-kommen müsste.

Der Mann blättert um und erfährt von Erich Huber, der sich mit dem öffentlichen Nah-verkehr in ganz Europa beschäftigt hat, als Fazit folgende Forderungen für die Orga-nisation des Verkehrs in Südtirol:

  • Getaktete Fahrpläne in Abstimmung von Bahn und Bus.
  • Gutes Rollmaterial ( bei der Bahn S-Bahnzüge).
  • Für jedes Dorf entlang der Strecke zumindest Bedarfshaltestellen.
  • Ein Tarifsystem das alle Marktsegmente der Kunden abdeckt.

Keiner der genannten Faktoren funktioniere derzeit in Südtirol. Zwar hätten sich die Fahrpläne auf den Hauptstrecken etwas verbessert, dafür fährt die Bahn wegen auf-gelassener Bahnhöfe an vielen Kunden einfach vorbei. Fahrten über die Landes-grenzen – vor allem nach Innsbruck – sind mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Für die 120 km von Bozen nach Innsbruck braucht man mit dem Zug gute zwei Stun-den. Durchgehende Regionalzüge wie z.B. zwischen Innsbruck und Rosenheim, gibt es nicht. Das Rollmaterial ist schwerfällig, veraltet und weist nicht die Qualitäten mo-derner Nahverkehrszüge auf. Ganz gewaltig aber fehle es beim Tarifsystem: zwar gibt es sehr günstige Abos für Pendler aber keine Angebote für weitere Kundenseg-mente. Hier müssten in der Zusammenarbeit der FS, des Landes und der Touris-musorganisationen folgende Angebote eingeführt werden:

  • Das Bezirksticket (5 €), einmal gekauft und den ganzen Tag in einem abge-grenzten Bereich gültig.
  • Das Südtirolticket (10 €), einmal gekauft und den ganzen Tag überall in Südti-rol gültig.
  • Das Euregio-Ticket (15 €) einmal gekauft und den ganzen Tag für alle öffentli-chen Verkehrsmittel in der Euro-Region Tirol (Nord- u. Südtirol, Trentino) gül-tig.
  • Fahrradmitnahme muss auf allen diesen Tickets kostenlos möglich sein.
  • Kleingruppentickets bis 5 Personen zum gleichen Preis (wieder ein Auto weni-ger auf der Straße!)

Anregungen zum konkurrenzlos preiswerten Umstieg auf die Bahn fände man auch in Deutschland und Österreich mit den dort angebotenen Wochenendtickets, den Ländertickets für weite Strecken und Tickets für die Regionen. Überall können dabei nicht nur Einzelpersonen fahren sondern auch Eltern und Großeltern mit beliebig viel Kindern unter 15 Jahren und Kleingruppen bis 5 Personen. Unser Brixner liest’s mit Staunen - Ende des Intermezzos.

3.Akt

Zurück in den Bahnhof. Dort erfährt der Brixner Reisende, daß es in Italien geschneit hat und der EC „Leonardo da Vinci“, vorgesehen für 12:31 Uhr, ca. 90 Minuten Ver-spätung haben wird. Der Regionalzug um 12:45 Uhr hat - wohl aus Solidarität – e-benfalls einen verspäteten Einsatz von 40 Minuten, kommt aber dann überhaupt nicht. Der 13:31 Uhr angesagte InterRegio aus Bologna wird nach 60-minütiger Ver-spätung auf einem Abstellgleis offenbar für den St. Nimmerleinstag eingefroren. Der für 14:31 Uhr vorgesehene EC „Michelangelo“ aus Rom trifft schließlich kurz vor fünf Uhr ein. Der Brixner findet mit zwei ebenfalls zusteigenden deutschen Damen Zu-flucht im Schaffnerabteil – die Zugbegleiter sind spurlos verschwunden. Schließlich taucht nach der Abfahrt doch ein Fahrscheinkontrolleur auf. Beide Damen hatten Karten für den Regionalzug von Bozen nach Brixen gekauft (je 3,25 €) und müssen nun den EC Zuschlag in Höhe von je 1,12 € berappen. Dass sie diesen nun im Zug nachlösen müssen und das nicht am Schalter des Bahnhofes taten als der Regional-zug ausfiel, dafür muss jede von Ihnen zusätzlich 8,00 € Bearbeitungsgebühr bezah-len. Sie weigern sich empört, der Kontrolleur spricht nur Italienisch, der Brixner dol-metscht. Schließlich resignieren die Damen. Der Kontrolleur kann aber auf den 50 € -Schein nicht herausgeben und verschwindet mit dem Geld zum Wechseln. Der Zug hält in Brixen, die Damen steigen notgedrungen ohne Wechselgeld aus. Per Zufall erwischt der Brixner den Kontrolleur auf dem Bahnsteig und veranlasst – nun auch mit erhobener Stimme – die Auszahlung der Differenz. Dank und Verabschiedung der Damen. Hin zum Auto. Dort entdeckt der Brixner wegen Parkens außerhalb er-laubter Flächen einen Strafzettel der Stadtpolizei – 33.60 €. Es ist kurz vor 18:00 Uhr. Ein erfüllter Tag!

Nachspiel:

Der Brixner überschlägt die Kosten und den Zeitaufwand für seinen Bozner Behör-dengang, empfindet den ganzen erlebten Stress als Masochismus, den er sich nicht mehr antun muss und beschließt künftig wieder mit dem Auto zu fahren. Solange jedenfalls, bis er eindeutige Beweise für eine politische Strategie einer umfassenden Politik für den Nahverkehr erkennen kann.
Dazu will er sich anderntags kundig machen und ruft im Büro des zuständigen Lan-desrates an. Der telefoniert nach Angaben seiner freundlichen Sekretärin, die aber verspricht, zurückzurufen. Eine Woche lang versucht es der Brixner bei den wech-selnden Sekretärinnen, die alle sehr freundlich sind. Aber, der Landesrat telefoniert entweder oder ist in einer Besprechung oder zu Tisch und dann wieder beim Lan-deshauptmann usw. usw. Am siebten Tag gibt der Brixner schließlich auf. Er lässt sich mit einer ebenfalls sehr freundlichen Sachbearbeiterin für den öffentlichen Ver-kehr verbinden und erfährt zu seiner Überraschung, dass eigentlich in letzter Zeit, seit das Land bei der FS ein Mitspracherecht habe, alles doch sehr viel besser ge-worden sei. Also doch kein Satyrspiel sondern eine richtige Tragödie!

Epilog (gehört zu einer Tragödie):

Die FS-Mitarbeiter im Bahnhof Brixen sind alle sehr freundlich. Auf die will unser Brixner wirklich nichts kommen lassen. Ehrlich! Er ist übrigens, wie fast alle Brixner, auch sehr freundlich. Vielleicht sogar zu freundlich, sonst würde man möglicherweise nicht so mit ihm umspringen.

Alles nicht so tragisch?

Eine Woche nach der Niederschrift der satyrhaften Beschreibung dieses Trauerspiels kam ein Anruf des vielbeschäftigten Landesrates. Ein sehr freundliches Gespräch. Der Landesrat berichtet vom Entstehen eines Nahverkehrskonzeptes zunächst für das Pustertal im Zusammenhang mit der Diskussion um den Ausbau der Staats-strasse. Dabei wird es um die Verbesserung der Buszubringer an die Pustertalbahn gehen und möglicherweise um kürzere Fahrplantakte. Schwierigkeiten bereitet dabei nicht nur die schwerfällige FS, die mit Nahverkehr so gar nichts am Hut hat sondern auch die mangelnde Bereitschaft der Gemeinden, sich an den Zubringerlinien zu beteiligen, ausreichende Parkflächen bereitzustellen und für ordentliche Bahnhöfe zu sorgen.
Gleichzeitig sei ein schlüssiges Verkehrskonzept für den Vinschgau im entstehen. Die neue Vinschgauerbahn läuft unter der Regie des Landes und bereitet deshalb keine Schwierigkeiten, nach einer Probephase sei daran gedacht in kürzeren Ab-ständen zu fahren. Aber – wieder sind es die Gemeinden, die nur schwer zu einem gemeinsamen System der Zubringerdienste finden und mit der Nutzung der ihnen überlassenen Bahnhöfe so gar nichts anfangen können. Leuchtende Ausnahme ist u.a. Naturns unter seinem kooperativen Bürgermeister.
Und dann, sagte der Landesrat, werden wir uns der übrigen Bereiche annehmen so dass wir in einem Zeitraum von zwei arbeitsintensiven Jahren ein Gesamtkonzept für den öffentlichen Nahverkehr vorlegen können.
Gut – denkt sich der Brixner, bis dahin wird mein alter Golf noch halten. Danach wird dann bequem Verbundgefahren. Hoffentlich.

Andreas Gottlieb Hempel 
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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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