Montag, 02.04.2007 | Was tun, wenn der Schnee wegbleibt?

Wie kann die Zukunft des Wintertourismus auf dem Hausberg Brixens, der Plose, aussehen, wenn sich die Klimaerwärmung im vorausgesagten Umfang fortsetzt? Welche Konzepte und Investitionen müssen entwickelt werden um rechtzeitig auf diese Herausforderung zu reagieren? Fachleute und Politiker diskutierten diese Frage am vergangenen Sonnabend in der Cusanus Akademie Brixen.

Anlass für diese Veranstaltung war die Nachricht, dass der Betreiber der Plosebah-nen seinen Betrieb nicht mehr wirtschaftlich weiterführen könne, wenn nicht ausreichende Hotelangebote an der Talstation St. Andrä geschaffen würden. Man spricht von bis zu 1200 Betten. Der Brixner Verein heimat brixen/bressanone/persenon führte daraufhin ein Umfrage unter seinen Mitgliedern durch, die sich mehrheitlich für neue Konzepte des Wintertourismus in Brixen und auf der Plose aussprachen. Übereinstimmend war man der Auffassung, dass alle Fragen vom Klimawandel über Energieverbrauch und Kosten für den Kunstschnee, neue touristische Angebote bis zur Verträglichkeit von neuen Bauten in der empfindlichen Mittelgebirgslandschaft um St. Andrä diskutiert werden sollten bevor möglicherweise Fehlinvestitionen getroffen würden.

Die Referate
Vier Grundsatzreferate leiteten die Diskussionsveranstaltung ein. Dr. Robert Steiger vom Geographischen Institut der Universität Innsbruck stellte fest, dass die Klimaveränderung zwar stattfindet, aber die prognostizierte Erwärmung von etwa 2°C die Plose wegen ihrer Höhenlage nicht sofort treffen würde. Der Fotograf und Buchautor Lois Hechenblaikner belegte anhand von eindrucksvollen Fotos die Auswüchse des Massentourismus in Nordtirol, die glücklicherweise Südtirol in diesem Umfang noch nicht erreicht haben. Sein Fazit: der Geist unternehmerischen Tuns wirkt auf die Menschen zurück, die dadurch ihre Würde und Identität verlieren können. Markus Schuckert von der Universität Innsbruck stellte einen Wandel im Wintertourismus fest. Skifahren allein genüge nicht mehr, das Wachstum müsse von der Quantität auf die Qualität umgestellt werden. Der Gast sei erfahrener, anspruchsvoller und mobiler geworden und verlange einen neuen, nachhaltigen „sanften“ Tourismus mit vielfältigem Angebot vom Sport bis zur Kultur. Wolfgang Ritsch, Architekt und Mitglied des Gestaltungsbeirates in Südtirol betonte, das Nachhaltigkeit im Tourismus neben der Lebensqualität für Gäste und Gastgeber auch Raumqualität bedeute, welche die ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Bedingungen widerspiegelt. Eine komplexe Betrachtungsweise und Vernetzung aller Faktoren sei für erfolgreiche Konzepte und Investitionen erforderlich.

Die Diskussion
An der anschließenden lebhaften Diskussion unter der Moderation von Brigitte Gas-ser Da Rui nahmen neben den Referenten noch Claudia Plaikner, Heimatpflegever-band, Albert Pürgstaller, Bürgermeister von Brixen, Christoph Engl, Direktor der Süd-tiroler Marketing Gesellschaft und Paul Profanter, Ortsvertreter von St. Andrä unter Einbeziehung des zahlreich erschienen Publikums teil. Als Ergebnis kann festgehal-ten werden, dass sich eine überwiegende Mehrheit für die Erhaltung des Skigebietes Plose findet und das dabei dem Betreiber der Skianlagen, Allessandro Marzoler, die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Betriebsführung geboten werden müsse. Brixen und sein Hausberg Plose hängen eng zusammen. Deshalb sollte auch im Rahmen der Leitbilddiskussion in Brixen eine Tourismusstruktur gefördert werden, die einen wirt-schaftlichen und nachhaltigen ganzjährigen Tourismus ermöglicht, in dem der Win-tersport mit differenziertem Angebot seine Rolle spiele. Dabei solle der Tourismus ein Regulativ des gesamten ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Ge-füges sein und nicht dominieren. Die Besonderheit Brixens und der Plose müsse in ihrer Authentizität und Identität nicht nur für die Gäste sondern auch für die Bewoh-ner erhalten werden. Die Plose sei durch ihre Lage und Landschaft etwas ganz Be-sonderes, dem allerdings die Einrichtungen für den Wintersport entsprechen sollten. Da seien derzeit angefangen von der Musikbeschallung bis zur architektonischen Gestaltung Defizite festzustellen. Die Meinungen darüber gingen auseinander, ob neue Hotelbauten für den Wintersport direkt an den Liftanlagen errichtet werden soll-ten oder nicht doch besser in Brixen selbst, wo sie ganzjährig besser ausgelastet sein könnten.

Hohes Niveau
Die Veranstaltung war insgesamt von hohem diskursivem Niveau und zeigt die Be-reitschaft der Brixner Bürger in aller Offenheit und demokratisch an den Entscheidungen der Politik und Wirtschaft konstruktiv mitzuarbeiten. Eine ermutigende Erfahrung auch für die gegenwärtige Leitbilddiskussion in Brixen.

Andreas Gottlieb Hempel

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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
Otto von Guggenberg Str. 46   I-39042 Brixen (BZ)   Italien
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