Brixner Juli 2007
Im Süden Brixens ist eine neue Brücke über den Eisack nach Albeins gebaut worden. Die Konstruktion ist ein ästhetischer Lichtblick. Nun scheiden sich die Geister ob das Bauwerk nachts beleuchtet werden sollte.
Brücken und Straßenbauten sind landschaftsbestimmende Bauwerke vor allem im alpinen Raum. Unser Nachbarland, die Schweiz, hat schon in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit den eleganten Betonbrücken des Architekten und Inge-nieurs Robert Maillart Vorbilder geschaffen, wie Brückenbauten im Gebirge so ausse-hen können, dass sie die landschaftliche Situation noch gestalterisch überhöhen. In unseren Tagen hat der Stuttgarter Ingenieur Jörg Schlaich gezeigt, dass solche Bauten mit großer Spannweite für schwere Lasten sich äußerst filigran und leicht wirkend in empfindliche Landschaften einfügen können und der bayrische Architekt Richard J. Dietrich hat mit seinen hölzernen Brückenkonstruktionen gerade in der Alpenregion, in der Brückenbauten aus Holz eine lange Tradition haben, Maßstäbe gesetzt.
Außer einer einfachen und kleinen Brückenkonstruktion aus Rundhölzern am Schlern hat Südtirol nichts Vergleichbares an Qualität aufzuweisen. Dabei soll durchaus nicht verkannt werden, dass die auf weite Strecken auf Einzelstützen geführte Brennerau-tobahn mit ihren Schwüngen gerade im unteren Eisacktal eine sehr elegante ingenieurbautechnische Meisterleistung darstellt. Am Vernagtsee im Schnalstal sind ebenfalls hochelegante kleine Fußgängerbrücken in Seilbauweise gebaut worden, aber sie blühen eher im Verborgenen. Es überwiegen in der Mehrzahl brutal-ungeschlachte Brückenkonstruktionen wie etwa über die MeBo oder in der Eisackenge vor Klausen und dem Villnösstal, Betonkonstruktionen, die völlig überdi-mensioniert erscheinen und eigentlich nur den daran beteiligten Baufirmen wegen der einzubauenden Massen von Kies und Beton Freude bereiten können. Der Gast wendet sich mit Grausen.
Nicht so aber bei der neuen, im vergangenen Jahr in Betrieb genommenen Brücke am Ende der südlichen Brixner Gewerbezone vor Albeins, die nicht nur den Eisack sondern indirekt auch die Bahntrasse überbrücken muss. Sie erregt nicht nur wegen ihrer strahlend weißen Farbe sondern auch wegen der über schlanke Stützen ge-spannten Seilkonstruktion, welche die eigentliche Brücke mit den Fahrbahnen trägt, die Aufmerksamkeit der Vorbeifahrenden. Endlich wieder einmal ein technisches Bauwerk, das neben seinen konstruktiven Vorzügen auch architektonische Qualitäten aufweist und sich im wahrsten Sinne des Wortes auch sehen lassen kann. Dass bedeutende historische Bauwerke in der Dunkelheit angestrahlt werden, daran hat man sich längst gewöhnt. Dass die Altstadt von Brixen durch ein ausgeklügeltes Lichtkonzept von Dieter Bartenbach raffiniert ausgeleuchtet wird ist geradezu unge-wöhnlich und lässt niemand nach den Kosten fragen. Das ist bei modernen Bauwerken allerdings anders. Schon bei dem in seiner Gestaltung wegweisenden technischen Gebäude für die Brixner Fernheizung an der Mozartstraße wird bereits über die Kosten der farblich wechselnden Beleuchtung gejammert. Erst recht kommt jetzt die neue Brücke in die unvermeidliche Kostendiskussion.
Die Brücke ist mit Mitteln des Landes errichtet worden, einschließlich einer Beleuch-tungsanlage, welche die schlanken Stützpylone für die tragende Seilkonstruktion ins rechte Licht setzen sollte. Das tat sie denn auch fürs erste solange das Land für die Kosten während der Probezeit aufkommen musste. Rasch abgeschaltet wurde die 250 000.- Euro teure Beleuchtungsanlage aber in dem Moment, als die Kosten für den Strom und die Wartung von der Gemeinde Brixen übernommen werden sollten. Die Bedenken der Gemeinde hinsichtlich des Stromverbrauche sind ja auch nicht von der Hand zu weisen, denkt man an die derzeitige Diskussion über das Energiespa-ren. Bevor das Licht für die Brücke wieder angeht soll erst einmal der Strom-verbrauch und die Kosten dafür untersucht werden. Möglicherweise gewöhnt man sich in der Zwischenzeit daran, dass es nachts keinen Lichtblick mehr geben wird. Vielleicht ist aber auch ein Kompromiss möglich für die Stunden, in denen auf den umliegenden Straßen nachts noch Verkehr herrscht, vor dem Hochklappen der Bür-gersteige. Oder Festbeleuchtung im wahrsten Sinne des Wortes zu Sonn- und Feier-tagen (Lichtmeß?). Der Bürgermeister wollte derzeit noch nichts dazu sagen.
Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass die Brücke einen Teil der Hochstraße quer durch die Auenlandschaft am Eisack bildet. Die früher so schöne weite Öffnung des Brixner Beckens, die sich dem Reisenden bot wenn er aus der Enge des unteren Eisacktals kam, ist damit verstellt. Eine das Ganze abmildernde Bepflanzung entlang der Uferzonen fehlt (noch). In diesem Zusammenhang kann man auch das bauliche Merkzeichen – es ist ja geradezu ein Ausrufungszeichen! – der Brücke mitten in der Talöffnung kritisch sehen. Die Beleuchtung nachts wäre dann sozusagen doch noch ein Lichtblick, der die Härte der Verkehrsanlagen im Tageslicht abmildert und nur die Eleganz der Brückenkonstruktion wirksam werden lässt.
Andreas Gottlieb Hempel