Samstag, 01.09.2007 | Südtirol – taktvoll!

Brixner  01 09 2007

LH Durnwalder und LR Widmann stellten am 29. August das neue Konzept des öf-fentlichen Nahverkehrs vor und erläuterten, was der „Südtiroltakt“ bedeutet und wie er zusammen mit einer umfassenden Verbesserung der Infrastrukturen umgesetzt werden soll.

Vor etwa zwei Jahren erläuterte uns Mobilitätslandesrat Thomas Widmann seine Ideen zur grundlegenden Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Damals muss-ten als Ausgangslage zunächst professionelle Datenerhebungen zum bestehenden Verkehrssystem durchgeführt werden. Ein wünschenswerter und abgestimmter Takt-verkehr im Stundenrhythmus lag noch in weiter Ferne.

Inzwischen wurde die Vinschgerbahn im Jahr 2005 unter der Leitung des Landes eröffnet. Der Erfolg war so groß, dass weitere neue Züge gekauft werden mussten um vom anfänglichen Stundentakt auf den Halbstundentakt umzustellen und die Strecke Mals-Meran bisnach Bozen zu erweitern. Aufgrund der unerwartet guten An-nahme dieses Systems konnte inzwischen der Stundentakt im Wipptal eingeführt werden. Im Laufe des Jahres 2008 soll der Halbstundentakt zwischen Bruneck über Brixen nach Bozen eingerichtet und zunächst als Stundentakt bis nach Innichen fort-geführt werden. Für den erforderlichen Ausbau der Pustertallinie sind bereits 40 Mio. Euro bereitgestellt. Die Riggertalschleife ist dabei bereits in der Planungsphase und soll mit 12 Mio. Euro so rasch wie möglich als Abkürzung gebaut werden.

Dies alles konnte sich vor dem Hintergrund der bis heute erfolgreich abgeschlosse-nen aber noch nicht unterschriebenen Verhandlungen zur Übergabe des Schienen-netzes der Italienischen Staatsbahnen an das Land Südtirol vorgesehen werden. Der Stunden- bzw. Halbstundentakt auf der Eisacktal-, und Wipptalstrecke mit den Bahn-höfen Neumarkt, Auer, Leifers, Bozen, Waidbruck, Klausen, Brixen, Freienfeld, Ster-zing, Gossensass und Brenner wird mit Regionalzügen durchgeführt, die mit den wei-terführenden Strecken Verona und Innsbruck kompatibel sind und nach entspre-chenden Vereinbarungen mit der FS und der ÖBB auf diese Strecken ausgedehnt werden können. Die internationalen Fernzüge kommen als Verbindungen zusätzlich dazu, auf ihre Fahrtzeiten und ihren Komfort hat das Land Südtirol jedoch auch künf-tig keinen Einfluss.

Hingegen soll für die Südtiroler Strecken neues, komfortableres und weniger lärmen-des „Rollmaterial“ mit Kosten von 60 Mio. Euro in Dienst gestellt werden. Acht völlig neu entwickelte Zuggarnituren und zwei zusätzliche Zwischenwagen mit der Option auf weiter zwanzig Garnituren sind bereits in Fertigung und können im kommenden Jahr eingesetzt werden. Dazu sollen alle Bahnsteige so angehoben werden, dass das Einsteigen in die Züge eben und auch für Rollstuhlfahrer und Behinderte möglich wird.  21 Bahnhöfe sind an das Land übergegangen und sollen für 10 Mio. Euro re-noviert werden.

Diese Maßnahmen bedeuten, dass die Schienentrassen das Rückgrat der öffentli-chen Nahverkehrslinien werden und durch Busse ihre lokalen Zubringerschleifen zu den Bahnhöfen erhalten. Beide Verkehrssystem werden dabei im Taktsystem aufein-ander abgestimmt. Nach Schweizer Vorbild hängt das Taktsystem landesweit zu-sammen und einzelne Strecken können nicht willkürlich verändert werden. Wie jetzt bereits im Vinschgau sollen die Anfangszeiten von Schulen, Dienststellen und Ar-beitsstätten auf die lokalen Taktfahrpläne eingerichtet werden um unnötige Wartezei-ten zu vermeiden. Ebenfalls in der Schweiz, wo der öffentliche Nahverkehr europa-weit bisher am besten organisiert ist, besteht ein Gesetz, das die öffentlichen Einrich-tungen verpflichtet ihre Dienst- und Bürozeiten auf die Taktfahrpläne einzurichten. Für die Buslinien sind bereits 50 Busse der Euroklasse 5 Südtirolweit  für 12 Mio. Euro bestellt worden – der bisher größte Auftrag für diese Klasse in Europa. Zusätz-lich zu den Zubringerbussen werden die erfolgreichen Citybuslinien erweitert – bisher wurden über 1 Mio. Passagiere in den Citybussen gezählt. Allein in Brixen wurden seit der Einführung des Citybusses und die Veränderung der Zubringerbusse 500 000 Fahrgäste mehr gezählt.

Das Prinzip des Taktverkehrs lautet: „Man muss sich nur noch eine Zeit merken“.
Dabei kann jeder seine Fahrzeit vom Bahnhof seines Knotenpunktes entwickeln. Auch für die Fahrscheine werden sich Veränderungen ergeben. Neben einer Diffe-renzierung des Fahrpreisangebotes für Schüler-Abos, Mobilcard für Touristen, Stre-ckenkarten für Pendler sollen ähnlich wie beim Skibetrieb elektronische Fahrscheine eingeführt werden, die beim Einsteigen sich automatisch für die gewünschte Strecke entwerten. Natürlich werden sich dabei auch Veränderungen in den Fahrpreisen er-geben müssen – Südtirol bietet europaweit derzeit die billigsten Tarife an. Dafür wird aber durch alle die beschriebenen Maßnahmen, durch vereinfachte Fahrpläne und durch ein Fahrgastinformationssystem zu den Wartezeiten an den Haltestellen, das zur Zeit am Citybus in Brixen getestet wird, für erheblich mehr Kundenzufriedenheit gesorgt werden.

Ziel ist es, möglichst viele von den 72 000 Autofahrern, die täglich in Südtirol zur Ar-beit fahren auf die preiswerteren, pünktlicheren und gefahrloseren öffentlichen Ver-kehrsmittel umzuleiten. 11% nützen derzeit in Südtirol die öffentlichen Verkehrsmittel. 28% sind es durch die Verbesserungen bereits im Vinschgau. Binnen 5 Jahren möchte Thomas Widmann die Gesamtzahl auf 20% erhöhen. Zum Vergleich: in Ber-lin sind es bereits 40% der Verkehrsteilnehmer, welche Busse und Bahnen bevorzu-gen. Es gibt also noch viel zu tun aber ein vielversprechender Fortschritt wurde ein-geleitet um unsere Umwelt zu entlasten!

Andreas Gottlieb Hempel

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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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