Montag, 22.10.2007 | Landschaftsplanung in der Stadt

Dolomiten Baukultur Oktober 2007

Landschaft braucht eigentlich keine Planung solange sie eine unberührte Naturland-schaft ist. Sobald jedoch der Mensch mit Landwirtschaft, dem Bau von Höfen, Dör-fern und Städten eingreift, wird aus der Naturlandschaft eine Kulturlandschaft – bes-tenfalls. Die muss aber sorgfältig geplant werden.

Den Beruf des Landschaftsplaners gibt es eigentlich erst seitdem unsere Landschaf-ten verplant, zersiedelt und zerstört werden. Vorher waren es Baumeister und Gärt-ner, welche Parks und Gärten anlegten, auch solche, welche weit in die Landschaft ausgriffen wie die englischen Gärten, die französischen Parks und die italienischen Villen. Heute brauchen wir Landschaftsplaner um die Schäden abzumildern und „ein-zugrünen“ die wir mit unserem hemmungslosen Landschaftsverbrauch für Gewer-be“parks“, Verkehrsbauwerke, vorstädtische und ländliche Siedlungen anrichten. Von „Kulturlandschaften“ sind wir dabei inzwischen weit entfernt und schon froh, wenn die schlimmsten baulichen Auswüchse hinter meterhohen, stahlmattenbewehrten und mit Rollrasen überzogenen Erdwällen verschwinden wie derzeit im Eisacktal bei Mauls oder entlang der Autobahnausfahrt Süd bei Brixen. Dass die Landschaft durch diese Kunstbauten schöner würde kann niemand behaupten, aber vielleicht schläft es sich wenigstens ruhiger dahinter. Und das Gewissen derer wird beruhigt, die das zunächst verursachen was diese „grünen Feigenblätter“ erst erforderlich macht.

Wie es aber ganz ohne Grün aussieht, das können wir allerorten in vorstädtischen Bereichen und an den Ortsrändern beobachten. Zum Beispiel wieder in Brixen, der ältesten Stadt Tirols mit einer herrlichen Altstadt, die so gut gehalten ist, dass Bäume nur am Rand der ehemaligen Stadtmauern und in den ehemals fürstbischöflichen Gärten sich in das Stadtbild gut einfügen. Sonst ist es besser, die schönen Fassaden der Bürgerhäuser für sich wirken zu lassen. Die dürftigen japanischen Kirschbäume und Pflanzbecken auf dem Domplatz beweisen vielmehr, dass falsch gewähltes Grün solche starken städtischen Raumwirkungen auch abwerten kann. Ganz anders sieht es dagegen bei den in den letzten Jahrzehnten entstandenen Ortseingängen der e-hemaligen Bischofsstadt aus. Anscheinend planlos haben sich im Norden und Süden Brixens Gewerbegebiete ausgebreitet zwischen deren heterogenen Architekturen – soweit der Begriff Architektur für die meisten dieser Nutzcontainer überhaupt ange-bracht ist! – sich asphaltierte Abstellflächen ausdehnen, öde und ohne „störendes“ Grün. Wer die schöne Altstadt noch nicht kennt wird sich beeilen diese Gewerbe-steppen so rasch wie möglich hinter sich zu lassen.

Was könnte Landschaftsplanung hier bewirken um solche Stadteingänge, die es so nicht nur in Brixen gibt, einladender zu gestalten? Zunächst einmal Grünordnungs-pläne welche die Masterpläne für solche Gewerbegebiete zwingend ergänzen müss-ten. Erst mit einer sorgfältig geplanten Durchgrünung könnte der Begriff „Gewerbe-park“ mit echtem Sinn erfüllt werden. Was dann aber die Einfahrtstraßen durch sol-che Ansammlungen unterschiedlichster Gewerbebauten betrifft – in Brixen reicht die Spannweite von der Autowaschstraße über haushoch gestapelte Kunststoffkästen für die Apfelernte bis zum freistehenden Milchgroßbehälter aus Edelstahl – würde meist eine Abpflanzung mit schnellwüchsigen Pappeln genügen um das Tohuwabohu gnä-dig abzudecken. Dicht gereiht bildet sich ein natürlicher Blickschutz mit Pappeln, Bäume, die in die Höhe wachsen und mit ihren Kronen nicht störend in den Straßen-raum hinein ragen.

Im übrigen gibt es noch sogenannte „Dachlandschaften“, also die Aufsicht auf die mehr oder weniger dichtgedrängten Dächer einer Stadt. In Südtirol sieht man ja von den Bergen alles von oben und eine klug gegliederte Grünstruktur würde auch das Ortsbild aus der Höhe gesehen wesentlich verschönern welches sich so organisch mit dem ländlichen Umland mit dessen Baumreihen, Alleen, Hainen und Feldern ver-binden könnte. Ein Wunschtraum? Nein, Kulturlandschaft!

Andreas Gottlieb Hempel

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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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