Mittwoch, 11.06.2008 | Kies machen

Brixner 4/2008/1
Mit Kies kann man bekanntlich ordentlich Kies machen. Da treten dann Umweltge-sichtspunkte in den Hintergrund. Villnöss will gegen den Widerstand von Brixen und Feldthurns im Eisacktal eine Abbaukonzession vergeben.

Eine neue Kiesgrube zwischen Albeins und Teis? Das Thema ist heiß umstritten und schon eine Weile am dampfen. Ausgerechnet an einer der reizvollsten und landschaftlich fast noch unberührten Stelle des wahrlich schon genug geschundenen Eisacktales besteht die Absicht, eine Kiesabbaukonzession für 1 Million cbm zu erteilen. Aber der Reihe nach.

Die zurückweichenden Gletscher der letzten Eiszeit haben gerade im Eisacktal über den darunter liegenden unterschiedlichen geologischen Schichten von Dolomit, Porphyr, Granit usw. der Auffaltung der Alpen reichlich Kies zurückgelassen. Oft sind diese Stellen an den weich geformten, murenähnlichen Hanglagen mit ihren runden Kuppen zu erkennen. Einige Kiesgruben wurde bereits in diesen Lagen ausgebeutet, meist sind sie noch als offene Wunden im Landschaftsbild zu erkennen, z.B. nördlich von Klausen (Beton Eisack) oder hinter Albeins, wo wegen der instabilen Hanglage ständig weiter Kies abrutscht und die Grube nicht renaturiert wurde obwohl der Abbau seit langem beendet ist.

Die ehemalige Kiesgrube bei Albeins – ebenfalls in einem besonders schönen und ursprünglichen Landschaftsteil ist ein abschreckendes Beispiel dafür, was geschieht wenn der Abbau sich nicht mehr lohnt bzw. die Konzession erlischt und die Bagger wieder abziehen: der Konzessionär hat im wahrsten Sinne des Wortes viel Kies gemacht und verschwindet mit vollen Taschen unter Hinterlassung einer riesigen, häßlichen und auch noch gefährlichen Grube mitten in der Landschaft. Die Allgemeinheit mag sehen, wie sie damit zurecht kommt, die geschändete Natur wird schon im Laufe der Zeit wieder alles irgenwie überwuchern.

Dies vor Augen und in schlechter Erinnerung, gingen die Bewohner der Brixner Fraktion Albeins auf die Barrikaden als sie hörten, dass unmittelbar im Süden an ihr Gemeindegebiet angrenzend aber schon auf Villnösser Gebiet eine weitere Kiesgrube eröffent werden soll. Zwischen Albeins und Teis verläuft ein besonders schöner und beliebter Wanderweg, der an dem alten Kasserolerhof vorbei führt. Direkt dort unterhalb solle die Kiesgrube eröffnet und der Kies auf Lastwagen auch noch über Albeins abtransportiert werden. Zu alledem solle anschließend auf diesem Gelände noch Aushub des Brennerbasistunnels abgeladen werden. Wieder über Lastwagenkolonnen durch Albeins.

Das war zuviel. Einstimmig befürwortete der Brixner Gemeinderat in seiner letzten Februarsitzung die Stellungnahme der Gemeindeverwaltung die sich strikt gegen den Kiesabbau in der direkten Nachbarschaft von Albeins, in Teis, Gemeinde Villnöss wendet. Als Begründung der Ablehnung wird angeführt, dass die Bürger von Albeins bereits durch die stillgelegte Kiesgrube mit ihren immer wieder kehrenden Muren und Schlammlawinen gefährdet wird. Da der gesamte Hangzug zwischen Albeins und Nafen vom Zivilschutz als geologisch instabiles Gebiet eingestuft wird, handelt es sich bei einem Kiesabbau in diesem Bereich nicht nur um einen häßlichen sondern auch um einen gefährlichen Eingriff in eine bisher so schöne Landschaft, die auch Grundlage für den Tourismus „Urlaub auf dem Bauernhof“  in Albeins ist - weshalb sich auch die Bauern der Fraktion vehement gegen eine neue Kiesgrube ausgesprochen haben. Der Gemeinderat von Brixen fordert deshalb die Landesverwaltung und die Gemeindeverwaltung von Villnöß auf, die Anfrage nach der Konzession entgültig abzulehnen.

Inzwischen war aber auch die Gemeinde Villnöß bereits um Ausgleich und einen Kompromiss bemüht. Nicht mehr 1 Million Kubikmeter sondern „nur“ noch der Abbau von 300 00 Kubikmetern solle genehmigt werden. Zudem solle der Kiestransport nicht mehr nördlich über Albeins sondern nach Süden teilweise über Villnösser Gemeindegebiet erfolgen. Teilweise aber auch über das Gemeindegebiet von Felthurns, was nun den dortigen Gemeinderat auf den Plan rief. Die Kiesgrube würde in ihrer ganzen Häßlichkeit genau in Sichtweite gegenüber dem beliebten Ferienort Feldthurns liegen und der Abtransport über Feldthurnser Gemeindegebiet die Bürger von Feldthurns nach denen von Albeins am meisten betreffen, meinte Herbert Dorfmann, der Bürgermeister von Feldthurns. Auch im Feldthurnser Gemeinderat zeichnet sich deshalb ein ablehnender Beschluss gegen die Kiesgrube ab.

Um die Gemeinde Villnöss von ihrem Vorhaben der Genehmigung abzubringen hat kürzlich eine Abordnung des Brixner Gemeinderates mit Bürgermeister Pürgstaller den Bürgermeister von Villnöss, Dr. Robert Messner, aufgesucht um das Problem möglichst einvernehmlich zu lösen. Die Gemeinde Villnöss ist ja eigentlich bekannt für den sorgsamen Umgang mit ihrem schönen Tal, in dem erfolgreich auf sanften Tourismus gesetzt wurde. Häßliche Bauten und störende Eingriffe in der herrlichen Natur des Tales konnten bisher weitgehend vermieden werden – um so erstaunlicher die Absicht der Kiesgrubenkonzession. Das erklärt sich neben der Beteiligung an den Einnahmen wohl  dadurch, dass die Maßnahme außerhalb des Tales, sozusagen nach dem Floriansprinzip jenseits der eigenen Sichtweite stattfinden soll.

Der „Brixner“ befragte auch den Villnösser Bürgermeister nach dem Stand der Dinge. Noch nichts sei entschieden – eine in Südtirol bei solchen Gelegenheiten oft zu hörende Antwort! - es würden zunächst noch abwägende Gespräche im Gemeinderat geführt, denn für die am Kiesabbau finanziell beteiligte Gemeinde sei eine Ablehnung der Maßnahme  eine fogenschwere Einbuße. Wann die Entscheidung nun entgültig fallen kann, sei noch nicht abzusehen. Immerhin müssten auch die Gegner der Maßnahme bedenken, dass dem Antrag der Gemeinde zur Konzession eine eingehende Umwelt-Verträglichkeits-Prüfung (UVP) der Landesbehörden im Rahmen der Schotterabbaugenehmigungen vorangehen würde. Sollte die UVP positiv ausfallen, dann würde die Konzession nur unter strengsten Auflagen mit hoher Kaution zur späteren Renaturierung vergeben.

Anmerkung:
Ob mit einer solchen Kaution auch die zwischenzeitliche jahrelange Lärm- und Staubbelästigung der Anwohner, der Entfall des beliebten Wanderweges zu den Teiser Kugeln, die Zerstörung eines schönen Landschaftsteils im Eisacktal und das Ausbleiben von Gästen in Albeins abgedeckt wird ist wohl zu bezweifeln. Alle Bürger müssten das ertragen damit ein Unternehmer und die Gemeinde Villnöss ordentlich Kies machen können. Auch eine Art des Ausverkaufs der Heimat.

Andreas Gottlieb Hempel



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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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