Grün Planen!
„Bauflächen entstehen auch wenn man sich nicht um sie kümmert, Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert“ (Fritz Schumacher 1932)
Ein Baum setzt an einem Sonnentag soviel Sauerstoff für die Atemluft frei wie acht Menschen in der gleichen Zeit verbrauchen. Dieselbe Menge braucht ein Auto um zwei Minuten zu fahren. Deshalb kann eine Alleebepflanzung eine Straße über ihre Verkehrsfunktion hinaus wieder zum Lebensraum machen. Diese und weitere überzeugende Informationen enthält eine hervorragend gemachte Ausstellung, die gemeinsam vom Amt für Landschaftsökologie, Abteilung Natur und Landschaft (Leitung: Roland Dellagiacoma) der Autonomen Provinz Südtirol und dem Verein Landschaftsarchitektur in Südtirol, LAS, (Leitung: Marlene Dolar-Donà) als Wander-Ausstellung konzipiert wurde. Hintergrund ist die Tatsache, dass Südtirol sich von einer armen alpinen Agrarlandschaft – in der jedoch produziert wurde - sich in eine reiche Tourismuslandschaft verwandelt hat – die jedoch von Gastgebern und Gästen konsumiert wird. Da von Südtirols gesamter Fläche gerade einmal knapp 10% kultivierbar sind, muss mit dieser Kulturlandschaft sorgsam umgegangen werden. Aber auch die Naturlandschaft wird mehr und mehr vom Tourismus verbraucht – Beispiel Sellaronda oder Seiseralm – während die Kulturlandschaft zersiedelt wird und die Freiräume der urbanen Landschaft, die das Bild der Städte und Dörfer prägt, vom Verkehr und Kommerz besetzt werden.
Da von Südtirols gesamter Fläche gerade einmal knapp 10% kultivierbar sind, muss mit dieser Kulturlandschaft sorgsam umgegangen werden.
Während in der Raum- und Städteplanung mit den Bebauungs- und Wiedergewinnungsplänen gesetzliche Fakten für Art und Umfang der Bebauung geschaffen wurden, haben die Planungsinstrumente, aus dem Landschaftsleitbild Südtirols entwickelt, keinen verbindlichen Charakter. Die dort empfohlenen Pläne zum Landschaftsinventar, der Landschaftsleitplan zum Bauleitplan, der Grünordnungsplan zum Durchführungsplan und der Landschaftspflegerische Begleitplan bei größeren baulichen Eingriffen kommen bislang weder bei der Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten noch bei Verkehrsbauten, welche häufig schwere Eingriffe in die Landschaft darstellen, zwingend und kontrolliert zum Einsatz. Meist wird erst hinterher notdürftig „begrünt“.
Die Ausstellung „Grün Planen“ stellt nun die vorhandenen Instrumente gut verständlich dar und plädiert für deren konsequente und rechtlich verbindliche Anwendung um weitere städteplanerische und bauliche Fehlentwicklungen in Südtirols Landschaft verhindern zu können und die Planungen in der Naturlandschaft, der Kulturlandschaft und der urbanen Landschaft besser steuern zu können.
Randbemerkung: die Gäste kommen nicht wegen Tunnels, begradigter Straßen, verbauter Flussläufe und zersiedelter Tallandschaften nach Südtirol – da können die großen Hotels mit ihren Wellnessanlagen als Ersatznatur jodeln wie sie wollen! Der Wohlstand aus dem Tourismus wird Südtirol nur erhalten bleiben wenn mit dem Kapital Landschaft künftig sorgsamer umgegangen wird. Aber auch den Südtirolern selbst würde ihre Heimat dann besser gefallen. die Gäste kommen nicht wegen Tunnels, begradigter Straßen, verbauter Flussläufe und zersiedelter Tallandschaften nach Südtirol
Dazu zeigt die Ausstellung gelungene Beispiele in Südtirol – von denen man sich noch viel mehr wünschen würde! – und gute Vorbilder aus den Nachbarländern Österreich, Schweiz und Deutschland, wo die Landschaftspläne und Grünordnungspläne längst Gesetzeskraft haben, zum Planungsalltag der genehmigenden Gemeinden gehören und sehr gute Ergebnisse bringen. Gute Vorschläge auch für die „Natur aus zweiter Hand“ – das sind die Renaturierungsaufgaben für Kiesgruben, Gewerbegebiete, Wasserläufen, Verkehrsanlagen usw. – eine aktuelle Aufgabe, die auch in Südtirol immer dringlicher wird.
Die Ausstellung ist mit Erfolg zur Bewusstseinsbildung der Bevölkerung, Planer und Politiker bereits in einem guten Dutzend Südtiroler Gemeinden gezeigt worden – zuletzt in Marling – und wird nach der Sommerpause in Brixen zu sehen sein. Dazu gibt es eine ausführliche Broschüre. Sie ist bei der Abteilung Natur und Landschaft der Autonomen Provinz Südtirol erhältlich.
Andreas Gottlieb Hempel
(3.970 Zeichen m. Zw.)
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