Mittwoch, 21.01.2009 | Gries – ein städtebaulicher Pflegefall

Schon lange ist die Verlagerung der Kellerei Bozen aus der Ortsmitte von Gries geplant. Ein Architektenwettbewerb hat nun die Lösung für einen Neubau in Moritzing erbracht. Dadurch ergeben sich gute Möglichkeiten für eine Verbesserung der Wohn- und Verkehrsfunktionen in Gries.

Die fast einen Kilometer lange Freiheitsstraße mündet in den Grieser Platz, einem der eindrucksvollsten Plätze in Bozen. Gegenüber einer Zeile aus Stadthäusern mit der engen Durchfahrt zur Kellerei Bozen bietet sich der architektonische Mittelpunkt von Gries dar: die Klostergebäude mit der Barockfassade, dem Prunkstück des Grieser Platzes. Der Blick von oben zeigt, dass das ehemals ländliche Gries fast bis zur Unkenntlichkeit zersiedelt worden ist. Gries ist heute eine bevorzugte Wohnlage, deren Qualität aber verbessert werden kann. Dazu gehört, dass keine weiteren Freiflächen in der Villenbebauung unterhalb der Guntschnapromenade verbaut werden. Sorgen bereitet der chaotische Verkehr auf dem stadträumlich einmaligen Grieser Platz. Absolutes Halteverbot außerhalb geordneter Parkplätze und eine deutliche Einschränkung des Fahrverkehrs als „Schleichweg“ über den Moritzinger Weg in Richtung Meran ist hier die verkehrspolitische Aufgabe. Nach der Verkehrsberuhigung sollte eine angemessene Gestaltung der Platzoberflächen und eine Ergänzung der großen Einzelbäume in Angriff genommen werden. Zu den verkehrsberuhigenden Maßnahmen gehört auch die Auslagerung der Kellerei Bozen. Durch die Vereinigung der beiden Kellereien Gries und St. Magdalena haben sich der Anlieferverkehr und die Emissionen der Gärvorgänge auf unerträgliche Weise gesteigert. Eine Verlagerung der Kellerei bringt nicht nur für deren Arbeitsabläufe große Vorteile, sondern begünstigt auch die notwendige städtebauliche Umstrukturierung der Ortsmitte und des Grieser Platzes. Gries ist kein landwirtschaftlich geprägtes Dorf mehr sondern ein gehobener Wohnort, in dem die Emissionen eines Betriebes wie der Kellerei Bozen empfindlich stören. Das jetzige Kellereigelände ist zudem ein zentraler Wohnstandort direkt an öffentlichen Verkehrsmitteln - zusätzlicher Quellverkehr wird vermieden. Die Auslagerung der Kellerei Bozen wandelt Gries weiter in ein urbanes Wohnviertel von hoher Qualität ohne weiteren Kulturgrund in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig kann der Grieser Platz verkehrsberuhigt und seiner Bedeutung entsprechend neu gestaltet werden – so hängen Wohn- und Verkehrsfunktionen hier eng zusammen.

Andreas Gottlieb Hempel

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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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