Der Lohn der Freiheit
Zehn Jahre einer zweitausendjährigen Erfolgsgeschichte
Seit 1999 besteht die Vereinigung der „Freien Weinbauern Südtirol“. Im zehnten Jahr ihres Bestehens zählt sie 82 Mitglieder, die 315 Hektar Rebenfläche bearbeiten, 1.6 Mio. Liter Wein erzeugen – das sind etwa fünf Prozent der Südtiroler Jahresproduktion – und auch selbst vermarkten. Von der Menge ist das nicht viel. 25 000 Flaschen sind dies pro Mitglied und Jahr im Durchschnitt. Aber nicht auf Quantität sondern auf die Qualität kommt es den Freien Weinbauern an. Nicht dass die großen Genossenschaften in Südtirol nicht längst auch dieses Ziel ansteuern würden – aber manch engagierter Weinbauer fand sich mit seinen Trauben im großen Fass der gemeinsam vergorenen Ernte nicht so recht wieder und wollte es, wenn schon nicht unbedingt besser, so doch zumindest anders machen. Zum zehnten Mal fand dieses Jahr die „Vinea Tiroliensis“, die Vorstellung der Weine dieser Winzer in Bozen statt. Wer mit feiner Nase und prüfender Zunge im Bozner Theater die angebotenen Weine verkostete der konnte nur mehr als überrascht und erstaunt sein, welche Vielfalt der kleinen Weinregion Südtirol dort angeboten wurde. Vom knackig frischen Riesling bis zur komplexen Spätlese des Gewürztraminers war nicht nur die Ganze Bandbreite der über 20 Rebsorten der Region vertreten sondern auch deren höchst unterschiedlichen Ausprägungen. Man kann getrost behaupten, dass auf so kleiner Produktionsfläche wohl nirgendwo derartig große Unterschiede bei gleich hoher Qualität zu finden sind.
Ein Jahrzehnt dieser erfolgreichen Zusammenarbeit wollte von den Winzern mit ihren Kunden gefeiert werden. Der verdienstreiche Weinbaupionier Peter Dipoli, Vizeobmann der „Freien Weinbauern Südtirols“, hatte die Idee zu einem Buch, das nicht nur die Weine der Vereinigung sondern auch ihre Weinbauern vorstellen sollte. Der Autor Martin Kilchmann, freier Weinjournalist aus der Schweiz, nahm sich zusammen mit Starfotograf Jörg Wilczek der Sache mit großem Sachverstand und scharfem Auge an. Der Folio-Verlag, Bozen Wien, setzte alles in einem sorgfältig aufgemachten und schön gedruckten Buch - einem veritablen Prachtband! – bild- und wortreich so um, dass jeder Weinliebhaber Südtirol es gerne in seinem Regal haben möchte.
Der Autor hat die fünf Südtiroler Weingebiete offenbar genussvoll bereist und ganz sicher Freundschaften mit den 29 vorgestellten Winzern geschlossen. Anders ist es nicht zu erklären, dass jedem von ihnen – teilweise mit den mitarbeitenden Ehefrauen als Schutzengel – eine sehr treffende Charaktereigenschaft zugeordnet wurde, vom „Seelenruhigen“ über die „Pioniere“ bis zum „Dynamischen“. Martin Kilchmann ist nicht nur ein exzellenter Weinkenner, der seine Proben präzis zu beschreiben weiß sondern auch ein feinfühliger Psychologe, der nicht zu Unrecht vom Charakter des Winzers auf den seines Weines schließt.
Begleitet wird diese Seelenreise vom Weingut bis ins Glas von hervorragenden Fotografien. Die sehr einfühlsamen Portraits geben in Schwarz-Weiß die Persönlichkeiten der Weinmacher sehr überzeugend wieder. In strahlender Farbe dagegen die Weinlandschaften im goldenen Herbstlicht oder mit dem Holzton der Barriques in denen der Wein im Keller reift. Ein Augenschmaus – oder besser ein Augentrunk. Neben Wein und dazu passenden Gerichten fehlen nicht die sorgfältig recherchierten Angaben zu Adresse, Rebfläche, Anzahl der erzeugten Flaschen und Besuchszeiten im Weingut. Nicht alle Mitglieder der Vereinigung konnten in den Band aufgenommen werden, ihre Anschriften werden als Anregung zu eignen Forschungsreisen in die Welt der Weingüter am Schluss der Bandes angegeben.
Für Weinliebhaber und solche, die es durch dieses Buch leicht werden können, ein must!
Andreas Gottlieb Hempel
Architekt, Autor und Sommelier
Martin Kilchmann / Jörg Wilczek
Südtirols Freie Weinbaueren
Gelebte Weinkultur in den Alpen
Folio Verlag Bozen/Wien
ISBN 978-3-8526-482-1
www.folioverlag,com
34.-€ (I), 36.-€ (D/A)