Mittwoch, 30.12.2009 | von innen betrachtet

Von innen betrachtet

Wir wollten es genau wissen: Was ist dran an Südtirols Weihnachtsmärkten? Warum fahren Hunderttausende von Italienern im Advent nach Südtirol um ein oder zwei Tage stundenlang im Stau zu stehen, Abgase einzuatmen, im Weg herumzustehen und endlos zu palavern? Ist es das Gewaber von übersüßtem Glühwein oder der Dunst von fettigen Bratwürsten? Werden die Pelzmäntel der Gattinen vorgeführt oder ist es die Verwunderung über die ihnen da geschäftsmäßig entgegenschlagende atmosfera teutonica? Wir folgten den Massen und schämten uns für das Überangebot an Ramsch&Schund meist asiatischer Herkunft. Die großen Weihnachtsmärkte waren abschreckend – wie jeder Massenbetrieb. Da war Weihnachten weit weg. Stimmungsvoll beleuchtet war der Sterzinger Weihnachtsmarkt, wo es zwar den teuersten Obstler im Fingerhut gab aber auch einen bezaubernden Stand der Bergbauwelt Ridnaun mit handwerklich fein bearbeiteten Edelsteinen. Überhaupt das Handwerk: auf den kleineren Weihnachtsmärkten war es gut vertreten und vermittelte die Individualität und Einmaligkeit, die man sich im sonst fast überall gleichen Angebot wünschte. Für die banale Normalität des üblichen Christkindl-Vermarktens entschädigte Klausen mit Kerzenbeleuchtung in den Straßen und gutem Kunsthandwerk in den Kellerräumen entlang der Hauptstraße –weniger war mehr! Der Höhepunkt, so ganz anders als alle anderen aber war St. Pauls mit den schönen Krippen hinter fast jedem Fenster entlang der Dorfstraße– ein romantischer Hinweis, warum eigentlich Weihnachten gefeiert wird. Auf das ganz Besondere aber trafen wir in den nur in der Adventszeit als Gaststuben geöffneten Weinkellern. Die Wirte dort ließen ihre Einnahmen ganz im weihnachtlichen Sinn der Nächstenliebe jeweils einer ins Unglück geratenen Südtiroler Familie des bäuerlichen Notfonds zukommen. Auf keinem Weihnachtsmarkt haben wir so viele zufriedene Gesichter gerade bei den Gastgebern gesehen – denn: geben macht wohl glücklicher als einnehmen! Hier war Weihnachten ganz nahe.

Andreas Gottlieb Hempel



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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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