Dienstag, 16.11.2010 | Das Boot ist voll

Das Boot ist voll

Der Vergleich hinkt. Wir leben ja nicht an der Ostsee, wo früher die Wikingerhorden plündernd einfielen. In unserem kleinen Bergdorf gibt es keine Boote. Aber von Mariä Empfängnis bis zum Dreikönigstag sind auch bei uns Horden eingefallen. Lanzignecchi normanni, präpotente Römer und ganz normale italienische Familien mit Kind und Kegel, die Damen in Steppdeckenmänteln und la nonna im Pelzmantel – antransportiert teilweise in unförmigen Wohnwagen, die mit Papa und laufendem Motor vor dem Supermarkt im Halteverbot warten solange la mamma noch etwas Vergessenes einkauft. Wer von denen eine Ferienwohnung hat, bringt sich alles aus Mailand oder Apulien mit, salsiccie und panettone, limoncello und cotechino con lenticchie. Der Gasthof klagt über mangelnden Besuch, denn die Besatzer kochen selbst. Da die Ferienwohnungen lange kalt warten mussten, laufen die elektrischen Heizgeräte auf Hochtouren. Wenn dann noch die Kochplatten für risotto & co. eingeschaltet werden gibt es Stromausfall zur besten Fernsehzeit - zweimal während der Festtage in unserem sonst eher unterbelichtetem Dorf. Wir hielten es mit den New Yorkern, die während des großen black-outs sich um den Nachwuchs kümmerten. Zudem hieß es Kräfte sparen, denn unsere der anderen Landessprache nicht mächtigen italienischen Freunde verstehen auch nicht die schriftlichen Hinweise der Hausverwaltung zur Müllentsorgung. So haben wir also alle Hände voll zu tun nach der Abreise unserer Teilzeitbewohner deren in der Tiefgarage abgestellten Hinterlassenschaften abzutransportieren. Wehe dem, der keine abschließbare Restmülltonne hat – die ist ständig anderweitig überfüllt. Die Bergstraße zur Talstation unserer Kabinenbahn erlebte in den Morgen- und Abendstunden eine durchgehende Autoschlange von der Stadt zum schon kurz nach 9:00 Uhr morgens total überfüllten und vereisten Parkplatz der Liftanlagen. Der Skibusshuttle dagegen zeichnete sich durch gähnende Leere aus. Was auf den Pisten los war, davon wollen wir ein andermal berichten. Hier nur soviel: Es herrschte Kriegszustand. Von wegen Autonomie.

Andreas Gottlieb Hempel



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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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