Dienstag, 16.11.2010 | Von außen betrachtet Weinritt über den Kalterersee

Von außen betrachtet

Weinritt über den Kalterersee

Studentenzeit um 1960 in München: wer schon etwas Lebensart zeigte, der griff statt zum Bier zum Wein. Die nächstgelegenen Weinberge befanden sich in Südtirol. Die meisten von uns waren zwar noch nie dort, aber der Rote, der Kalterersee, kam ja zu uns. In Massen. Im Supermarkt die Zweiliterflasche mit Drehverschluss – unter 2.- DM. So ein Mega-Gebinde langte schon pro nächtlich Studierenden bis in die Morgenstunden. Dann gab’s Aspirin zum Frühstück.
„Georgstrunk“ stand auf den heraldisch bedruckten Etiketten und „Hundert-Zinnen-Wein“ in Entsprechung zum schweren Kopf des nächsten Tages. Oder „Saffano“, weil einer der Importeure am Münchner Ende der vermuteten Pipeline vom Kalterersee Anton Saffer hieß. „Suffano“ wäre bildhafter gewesen. Aber wir haben ja damals alles geschluckt.

Es folgte die frankophile Periode bis der Burgunder zu teuer wurde. Immerhin war damit die Bastflasche – fiasco (welch Doppelsinn!) – umgangen und die ersten Wanderungen in Südtirol angesagt. Noch wurde bei der Ernte unter den Pergeln jede heruntergefallene Traube aufgelesen und mit ausgepresst. Der Weinsee war noch voll und qualitativ nicht erwähnenswert. Wir tranken also Weine aus dem collio bis Mitte der 1980er Jahre eine junge Winzergeneration sich auch des Massenträgers Vernatsch annahm.

Zuletzt verkostet am 17. März in Kaltern. Die Kalterer Winzer bieten um diese Zeit den neuen Kalterersee an. 2009 ist ein hervorragender Jahrgang. Nicht nur des Wetters wegen – gutes Wetter gab es früher auch für mäßigen Wein. Sorgfältige Arbeit im Weinberg, Reben im besten Alter, strikte Mengenbeschränkung unterhalb der DOC-Vorschriften und sensible Behandlung in Keller und Flasche machen den „Kalterersee“ jetzt zu einem Spitzenwein für alle Tage. In einer Charta verpflichten sich die Winzer besondere Qualitätsanforderungen einzuhalten und überprüfen zu lassen. Südtirol von seiner besten Seite!
Das Besondere und Regionale – ein gutes Beispiel auch für anderes in Südtirol, etwa den Tourismus oder das Bauen. Die Hoffnung nicht aufgeben!

Andreas Gottlieb Hempel



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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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