Dienstag, 16.11.2010 | Von außen gesehen Den Opfern des Faschismus

Von außen gesehen

Den Opfern des Faschismus

Mit einem überzeugenden Leitartikel hat Chefredakteur Toni Ebner für die Aussöhnung am Faschistentempel in Bozen plädiert. Schon einige Tage zuvor hatte sein Stellvertreter Günther Heidegger satirisch darauf hingewiesen, wie die Reaktionen wohl wären, wenn in Berlin am Potsdamer Platz eine Hitlerbüste wieder aufpoliert würde. Die gleichen Gefühle, die wir Deutschen in so einem Fall hätten, haben meine Freunde aus der Campania, wenn sie Südtirol besuchen und vor dem Siegesdenkmal stehen oder Mussolini hoch zu Ross am Justizgebäude betrachten mit dem lächerlichen Motto „credere, ubbidire, combattere“ – sie schämen sich stellvertretend für das demokratische Italien, das solche Reminiszenzen ausgerechnet im annektierten Südtirol bestehen lässt, ja sogar noch mit großem Aufwand restauriert. Restauriert worden sind auch deutsche Nazi-Architekturen – etwa Göbbels Luftfahrtministerium, das zum neuen Berliner Finanzministerium umgebaut wurde oder das Konzentrationslager Buchenwald, das ein Mahnmal wurde, damit die schrecklichen Dinge dort nicht vergessen werden – mein Großvater kehrte von dort nicht zurück. Es geht also nicht etwa um den Abriss von Monumenten der faschistischen Schreckensherrschaft in Italien oder Deutschland – das würde ein Vergessen der Geschichte bedeuten. Es geht viel mehr darum ihre einstige Bedeutung „umzudrehen“, sie im Sinne einer gemeinsamen Bewältigung der fürchterlichen Vergangenheit und zur Versöhnung zu nutzen. Und Gemeinsamkeiten dazu gibt es genug – zu viele Italiener und Deutsche haben unter den Untaten Mussolinis und Hitlers gelitten, sind zu Opfern geworden und haben Opfer bringen müssen. Das sollte verbinden. Deshalb wäre es eine würdige Geste der Aussöhnung mit der Vergangenheit wenn eine neue Inschrift auf dem antiquierten Protzbau lauten könnte: „DEN OPFERN DES FASCHISMUS“. Begleitet von einer sorgfältigen Dokumentation der Voraussetzungen des Faschismus in den unterirdischen Räumen. Völlig unmilitärisch würden dann demokratische Bürger dort am 25. April fröhlich die Befreiung vom Faschismus feiern können.

Andreas Gottlieb Hempel



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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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