Freitag, 26.04.2013 | Peter Zumthor

ARCHITEKTUR – Ein Baukünstler wird siebzig
Dolomiten Kultur

Er gehört einer eigenartigen und selten gewordenen Spezies an: der des Künstlerarchitekten. Während die jüngere Generation den Wandel zum dynamischen Manager und Dienstleister durchgemacht hat und jedem Auftrag hinterher hetzen muss, beharrt Peter Zumthor kompromisslos mit der Eigensinnigkeit der Eidgenossen auf dem Charakter des Architekten als Baukünstler. Zurückgezogen lebt und arbeitet er im Graubündner Dorf Haldenstein und nimmt nur wenige, ausgewählte Aufträge an, die ihm seine Auftrageber als Bittsteller antragen. Deshalb ist auch sein architektonisches Werk überschaubar, für das er 2011 mit dem Nobelpreis der Architektur, dem US-amerikanischen Pritzkerpreis, ausgezeichnet wurde. Doch jede seiner Arbeiten wurde eine Architekturikone, zu der die sonst so coolen Kollegen geradezu sentimental wallfahrten. Seine Bauten sind frei von den gerade gängigen Moden, angesiedelt zwischen Tradition und Moderne, Resultate langwieriger Planung mit sorgfältig entwickelten Details. Ein winziges Holzkirchlein, die Kapelle Sogn Benedetg in Sumvitg, Graubünden, rückte ihn Ende der achtziger Jahre in die Reihe der internationalen „Stararchitekten“. Es folgten die Therme in Vals, das Kunsthaus in Bregenz, das Diözesanmuseum in Köln und die Bruder-Klaus-Kapelle in Wachendorf, Eifel. In Deutschland erlebte er aber auch seine größte Niederlage als ihm in Berlin der durch einen Wettbewerb erhaltene Auftrag für die Gedenkstätte des Naziterrors wegen uferloser Kostensteigerungen einer fast nicht zu realisierenden Konstruktion wieder entzogen wurde. Die bereits errichteten Treppentürme wurden wieder abgerissen. Obgleich sich die deutschen Architektenverbände für ihren Kollegen einsetzten, gaben weder der Bauherr noch der Architekt auch nur einen Zentimeter nach. Hier zeigen sich auch die Grenzen des kompromisslosen – oft selbst ernannten – Baukünstlertums: Schließlich wird mit dem Geld des Auftraggebers für eine von ihm gewünschte Funktion gebaut. Dennoch schade für Berlin, das nun mit den uferlosen Kostensteigerungen für den neuen Flughafen BER in die Baugeschichte eingehen wird statt mit einem Bau auf dem Niveau der Nationalgalerie von Mies van der Rohe und dem Jüdischen Museum von Libeskind. In Südtirol hat Peter Zumthor für die Pension Briol Entwürfe gezeichnet, die aber auch wegen seiner starren Haltung bis heute nicht realisiert werden konnten. Er feierte am 26. April seinen siebzigsten Geburtstag.
(2.425 ZmZw)

Andreas Gottlieb Hempel



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Andreas Gottlieb Hempel
Prof. Dipl.-Ing. Architekt & Publizist
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